Volksbegehren und Volksentscheid

Sind Sie für eine Absenkung des Unterschriftenquorums bei Volksbegehren auf fünf Prozent?

SPD: Die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben erst kürzlich gemeinsam eine Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern beschlossen, welche die erforderliche Anzahl der Unterstützer eines Volksbegehrens von 120.000 auf 100.000 Wahlberechtigte absenkt und das Zustimmungsquorum bei einem  Volksentscheid von einem Drittel auf ein Viertel reduziert. Vor diesem Hintergrund streben wir eine Absenkung des Unterschriftenquorums bei Volksbegehren auf fünf Prozent nicht an.

CDU: Nein. Die große Zahl an Volksbegehren, die den Landtag in letzter Zeit erreicht hat, legt den Schluss nahe, dass an dieser Stelle kein Handlungsbedarf besteht.

Die Linke: Ja.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE setzen uns für eine Absenkung des Unterschriftenquorums auf fünf Prozent ein. Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei der letzten Verfassungsänderung ausgehandelte Absenkung von 120.000 auf 100.000 Unterschriften, also auf etwas mehr als sieben Prozent, stellt einen Kompromiss dar, den wir als einen Schritt in die richtige Richtung gerne mittragen.

Bündnis C: Nein.

FDP: Ja. Eine 5%-Hürde ist als Unterschriftenquorum sinnvoll, da diese auch zur Bildung einer Fraktion erforderlich ist. Damit hätte ein Volksbegehren dieselbe demokratische Legitimation wie eine Fraktion für die Einbringung eines politischen Gegenstandes oder eines Gesetzesentwurfes in das Parlament.

Freier Horizont: In unserem Wahlprogramm findet sich die absolute Zahl von 50.000 Unterschriften

Die Partei: Nein, auf 0,5 Prozent!

Piratenpartei: Ja

Tierschutzpartei: Landesweite Volksbegehren erfordern einen sehr hohen Mobilisierungsgrad, der sich als zu hoch erweisen kann, so dass eine Absenkung sinnvoll ist. Beispielsweise können regionale Quoren eingeführt werden, so dass eine regional beschränkte sehr starke Mobilisierung berücksichtigt werden kann, obwohl in anderen Landesteilen die Mobilisierung zu schwach ausfällt.

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Sind Sie für eine Absenkung der Hürden bei verfassungsändernden Volksentscheiden? Wie hoch sollten diese sein?

SPD: Eine Absenkung der Hürden bei verfassungsändernden Volksentscheiden wird von uns nicht befürwortet.

CDU: Unsere Landesverfassung regelt sehr grundlegende Dinge unseres Gemeinwesens und sollte daher nur mit großem Bedacht verändert werden; die bisherigen Hürden tragen dieser Haltung Rechnung.

Die Linke: Ja, wir halten ein reines Zustimmungsquorum von 50 Prozent für eine der Verfassung angemessene Hürde.

Bündnis 90/Die Grünen: Die Verfassung sollte aus GRÜNER Sicht durch Volksentscheid geändert werden können, wenn zwei Drittel der Abstimmenden und mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten zustimmen.

Bündnis C: Nein.

FDP: Aufgrund der verfassungsändernden Wirkung dieser Volksentscheide sollte ein Zustimmungsquorum von 50% der Wahlberechtigten erforderlich aber auch ausreichend sein. Eine zusätzliche Zweidrittelmehrheit der Abstimmenden halten wir Freien Demokraten für entbehrlich.

Freier Horizont: Prinzipiell ja, im Wahlprogramm haben wir dazu jedoch keine Aussagen

Die Partei: Ja, sie sollten nicht höher sein, als der durchschnittliche Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns springen kann. 

Piratenpartei: Am Beispiel Bayerns orientiert

Tierschutzpartei: Die Verfassung eines Landes bedarf besonderen Schutzes vor Änderungen. Daher sollten die Hürden hier höher liegen als bei normalen Volksentscheidungen. Die derzeitige Hürde ist jedoch sehr hoch und die Forderung nach einer Absenkung ist nachvollziehbar.

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Sollte die fünfmonatige Sammlungsfrist für Volksbegehren ausgeweitet werden?

SPD: Im Zusammenhang der vor kurzem von den Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossenen Verfassungsänderung wurde für die freie Unterschriftensammlung im Volksabstimmungsgesetz ein Zeitraum von 5 Monaten festgelegt. Eine Ausweitung der Sammlungsfrist streben wir daher nicht an.

CDU: Nein, die fünfmonatige Sammlungsfrist trägt dem Bedürfnis nach plebiszitären Elementen ebenso Rechnung wie dem Interesse an einer funktionierenden, leistungsfähigen Administration.

Die Linke: Ja, wenn auch nur in geringem Maße, beispielsweise ist eine sechsmonatige Sammlungsfrist vorstellbar. Der Reformbedarf bei den Zustimmungsquoren für Volksbegehren und Volksentscheid ist jedoch vordringlicher. Hier muss es zuvor zu Absenkungen kommen.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE sind der Auffassung, dass bei Volksbegehren mindestens eine sechsmonatige Sammlungsfrist gelten sollte.

Bündnis C: Ja, da man davon ausgehen muss, dass Volksbegehren idR. von Personen / Gruppen initiiert werden, die mit derartigen Vorgängen wenig vertraut sind und die ggf. nicht über die notwendigen Organisationsstrukturen verfügen, um ein Volksbegehren zum Erfolg zu bringen, obwohl evtl. eine ausreichende Anzahl von Bürgern das Volksbegehren unterstützen würden. Eine längere Sammlungsfrist (6 Monate) könnte dem Rechnung tragen.

FDP: Ja, eine Verlängerung auf 6 Monate wäre eine tragfähige Ausweitung.

Freier Horizont: Wir fordern 12 Monate

Die Partei: Ja, na klar. Das kann ganz schön lange dauern für die Unterschriften mit so einem Rollator  durchs ganze Land zu reisen.

Piratenpartei: Ja, da eindeutig Verhindungswirkung erkennbar

Tierschutzpartei: Eine Sammlungsfrist hat keinen nachvollziehbaren Zweck und benachteiligt Initiatoren, die erst noch größere Öffentlichkeit herstellen müssen. Daher ist eine Ausweitung oder Abschaffung der Sammlungsfrist erforderlich, um Bürgerbeteiligung zu ermöglichen.

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Werden Sie sich im Landtag für die Möglichkeit der digitalen Sammlung von Unterschriften bei Volksbegehren einsetzen?

SPD: Wie bei Wahlen sollte auch die Unterschriftsleistung bei Volksbegehren persönlich handschriftlich erfolgen.

CDU: Nein. Die bisher gesetzlich vorgesehene Unterschriftenliste mit Nennung von Name und Adresse hat auch den Sinn, dass sich der Unterschreibende mit der Thematik des Volksbegehrens auseinandersetzt bevor er seine Daten weitergibt. Mit der digitalen Sammlung von Unterschriften besteht die Gefahr, dass mehrfach unter Nennung falscher Angaben abgestimmt wird oder, sollten sogar nur Online-Klicks einer Unterschrift gleichgesetzt werden, dass mehrfach geklickt wird. Auch die hinter den Unterschriften stehende konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema könnte nicht mehr nachvollzogen werden.

Die Linke: Ja, solange die Möglichkeit der Manipulation ausgeschlossen werden kann.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE wollen, dass das Unterschriftensammeln für Volksbegehren auch durch Internet-Petitionen möglich wird.

Bündnis C: Ja.

FDP: Ja. Voraussetzung ist ein sicheres Verfahren, das Fälschungen und Manipulationen ausschließt.

Freier Horizont: Ja. Aus eigenen Erfahrungen können wir dazu nur raten.

Die Partei: Ja, den die PARTEI ist eine Turbo-Partei, vor allen in Sachen Digitalisierung! Zunächst werden wir alles über Facebook-Umfragen regeln.

Piratenpartei: Ja

Tierschutzpartei: Online-Unterschriften sind aus verschiedenen Gründen kritisch zu sehen. Sie könnten aber stärkere Beachtung finden beispielsweise als Voraussetzung für eine rechtsverbindliche Zulässigkeitsprüfung für ein folgendes Volksbegehren. Auch könnten Online-Unterschriften geeignet sein, dass ein Thema in Gremien des Landtags behandelt werden muss.

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Würden Sie eine Bundesratsinitiative zur Einführung bundesweiter Volksentscheide unterstützen?

SPD: Gerade eine Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene, die wir im Übrigen befürworten, sollte durch den Deutschen Bundestag als dem originär für Bundesrecht verantwortlichen Parlament und nicht über die Länderkammer erfolgen.

CDU: Nein. Volksentscheide sind ein wichtiges plebiszitäres Element und jeder, der sich für direkte Demokratie engagiert, verdient Respekt und Anerkennung. Zugleich stellt die CDU fest, dass Volksentscheide regelmäßig von Populisten genutzt werden und sogar dazu führen können, Staaten in existenzielle Probleme zu stürzen. Politische Entscheidungen werden zusehends komplexer, wer sie auf ein „ja“ und ein „nein“ reduzieren zu will, erweckt den Eindruck, dass es auf schwierige Fragen einfache Antworten gibt; insbesondere auf Bundesebene finden Volksentscheide daher nicht das Wohlwollen der CDU Mecklenburg-Vorpommern.

Die Linke: Ja, DIE LINKE hält die Einführung bundesweiter Volksentscheide für überfällig.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE sind für eine dreistufige Volksgesetzgebung mit Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auch auf Bundesebene.

Bündnis C: NEIN, da die „Bundesthemen“ idR. zu komplex sind, als dass sie im Rahmen von bundesweiten Volksentscheiden kompetent und verantwortungsvoll entschieden werden könnten.

FDP: Ja, es gibt für uns Freie Demokraten keinen Grund, warum bundesweite Volksentscheide nicht ermöglicht werden sollten.

Freier Horizont: Ja.

Die Partei: Ja, sicher. Wo soll ich unterschreiben?

Piratenpartei: Ja

Tierschutzpartei: Bundesweite Volksentscheide können bei vielen Themen wichtige Funktionen der Bürgerbeteiligung erfüllen und die aktive Auseinandersetzung mit politischen Inhalten fördern. Daher würden wir eine solche Initiative wohlwollend prüfen und gegebenenfalls unterstützen.