Was stand zur Abstimmung ?
- Die Kriegsgeschäfte-Initiative setzte sich für ein Verbot der Finanzierung der Rüstungsindustrie durch die Schweizer Nationalbank, sowie in der Schweiz ansässigen Stiftungen und Pensionskassen ein.
- Die Konzernverantwortungsinitiative (KVI), welche von Gewerkschaften, linken Parteien und rund 100 NGOs ins Leben gerufen wurde, sorgte für besonders viel Aufruhr. Das Ziel der Volksinitiative war es, Schweizer Großkonzerne haftbar für Verstöße gegen die international anerkannten Menschenrechte und Umweltstandards zu machen.
Was waren die Hintergründe und wie gingen die Abstimmungen aus?
Die Kriegsgeschäfte-Initiative hatte zum Ziel, die Kreditvergabe an Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit Kriegsmaterial machen, zu verbieten. Laut den Befürworter:innen der Initiative würden Schweizer Finanzinstitute die Rüstungsindustrie und somit Waffen, die in Kriegsgebieten landen, finanzieren. In Kriege und Konflikte zu investieren widerspräche der Neutralität der Schweiz. Die Kriegsgeschäfte-Initiative sei ein Schritt hin zu einer friedlicheren Welt. Die Gegner:innen der Initiative behaupteten, das neue Gesetz würde die Unabhängigkeit der Schweizer Nationalbank in Frage stellen. Hinzu komme die Gefährdung der Finanzierung (und somit der Arbeitsplätze) vieler Schweizer Unternehmen, die die Rüstungsindustrie beliefern. Der Gesetzesvorschlag wurde mit 57,5 Prozent Nein-Stimmen deutlich von den Schweizerinnen und Schweizern abgelehnt.
Bei der zweiten Volksinitiative ging es hingegen knapper aus. Die Konzernverantwortungsinitiative nahm nur direkt wirtschaftlich abhängige Tochterfirmen ins Visier. Unabhängige Vertragspartner und eigenständige Zulieferer waren von dem Gesetzesvorschlag ausgeschlossen. Die KVI hätte ebenfalls kleine und mittelständische Unternehmen von der Haftung ausgeschlossen. Im Fokus der Initianten stand der Rohstoffhändler Glencore, dessen Tochterfirma in Bolivien für immense Umweltverschmutzungen und Kinderarbeit verantwortlich ist. Aber auch Firmen wie der Lebensmittelkonzern Nestlé und andere multinationale Unternehmen, die von den steuer- und wirtschaftsfreundlichen Konditionen der Schweiz profitieren, hätten sich für ihre Tätigkeiten im Ausland verantworten müssen.
Ähnliche Regelungen gelten bereits in den Niederlanden, Großbritannien und in Frankreich. Auch in Deutschland wird aktuell über ein Lieferkettengesetz debattiert. Auf EU-Ebene soll 2021 ein entsprechender Vorschlag vorgelegt werden.
Insgesamt stimmten 50,7 % mit Ja ab, wodurch eine knappe Mehrheit beim Stimmvolk erreicht wurde. Für eine Annahme der Gesetzesvorlage hätte es jedoch auch eine mehrheitliche Zustimmung der Stände (Kantone) gebraucht. Nur 8,5 Kantone stimmten für die KVI, 14,5 stimmten dagegen. Die Gegenstimmen waren besonders stark in den ländlichen Kantonen der Deutschschweiz vertreten. Städtische Kantone wie Zürich, Basel-Stadt und viele andere neigten eher zu einer Annahme des Gesetzes. Damit kam es zu einem seltenen Fall für die Schweiz. Von insgesamt 637 gescheiterten Vorlagen ist die KVI erst die Zehnte die einzig am Ständemehr scheiterte.
Besonders bei Grünen und Linken der Schweiz gerät das Ständemehr nun in die Kritik. Die Stimmen der bevölkerungsarmen, ländlichen Kantone fallen mehr ins Gewicht als die der städtischen Kantone. Zum Beispiel hat eine Stimme aus dem Kanton Uri in Bezug auf den Ständerat 35-mal so viel Gewicht wie eine Stimme aus Zürich. Dieses Ungleichgewicht wird bislang zugunsten des Föderalismus in Kauf genommen. Kritische Stimmen halten das Ständemehr nun aber für nicht mehr zeitgemäß. Die Berner Nationalrätin Regula Rytz (Grüne) fordert daher ein qualifiziertes Ständemehr, nachdem nur zwei Drittel der Kantone die Volksmehrheit überstimmen können.
Mit der Ablehnung der KVI tritt nun ein Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft. Dieser sieht eine jährliche Sorgfaltsprüfung zu Menschenrechten, Umwelt und Korruption vor. Die Haftung der Großkonzerne für ihre Tochterfirmen fällt jedoch weg.
Der erste Abstimmungssonntag im Jahr 2021 ist der 07. März. An diesem Datum soll über ein “Verhüllungsverbot”, über ein Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste und über ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien abgestimmt werden.