Chancen für die direkte Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern: Mehr Demokratie übergibt Forderungsbrief an SPD und Linke

Vergangene Woche übergab Mehr Demokratie Mecklenburg-Vorpommern den Parteien SPD und Die Linke ein Forderungspapier zur Verbesserung der direkten Demokratie. Nun hofft der Landesverband, dass die dort angesprochenen Themen in den Koalitionsverhandlungen beider Parteien aufgegriffen werden und sich in der kommenden Legislaturperiode einiges verbessert.

Wie Sie sicher alle mitbekommen haben, laufen in Mecklenburg-Vorpommern die Koalitionsverhandlungen auf Hochtouren. Diese Woche gehen die Verhandlerinnen und Verhandler beider Parteien in die siebente Runde, um über wichtige Punkte zu beraten. Auf dem Plan steht unter anderem das Thema Inneres. Das war für uns von Mehr Demokratie ein Grund, unsere Forderungen zur Verbesserung der direkten Demokratie zu Papier zu bringen und sie sowohl der Linken als auch der SPD vorzulegen. Bereits vergangene Woche erhielten darum Vertreterinnen und Vertreter beider Parteien unser Forderungsschreiben, mit konkreten Reformvorschlägen. Unsere Forderungen sind im Einzelnen unten in dieser Mail aufgelistet. Wir hoffen, dass die verhältnismäßig schlechten direktdemokratischen Instrumente und Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern endlich verbessert werden.SPD und Linke haben sich zum Ziel gesetzt, kommende Woche gemeinsam einen Koalitionsvertrag vorzulegen. Dieser muss dann noch von den Parteitagen beider Parteien abgesegnet werden. Es bleibt also spannend. Wir halten Sie auf jeden Fall auf dem Laufenden.

 

++++++ Unsere Forderungen im Einzelnen ++++++++

 

Wahlalter 16

In Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein dürfen 16- und 17-Jährige bereits den Landtag wählen und an Volksbegehren teilnehmen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde eine Absenkung in der letzten Wahlperiode diskutiert, jedoch nicht umgesetzt. Ausschlüsse vom Wahlrecht müssen gut begründet sein. Ein Ausschluss von 16 und 17-Jährigen leuchtet nicht ein. Anders als in zwölf anderen Bundesländern ist das Wahlalter in MV nicht in der Landesverfassung festgeschrieben; es kann also einfachgesetzlich mit der Regierungsmehrheit geändert werden.

 

Volksbegehren und Volksentscheide

Im bundesweiten Vergleich der Regelungen für Volksbegehren und Volksentscheide befindet sich das Land auf dem 13. Platz. Reformen sind also dringend geboten.

 

Absenkung des Unterschriftenquorums bei Volksbegehren

Trotz der Absenkung des Unterschriftenquorums 2016 ist das Quorum mit 100.000 Unterschriften (7,5 Prozent für ein Flächenland nach wie vor sehr hoch. Wir empfehlen die Umwandlung in ein flexibles Quorum in der Landesverfassung sowie die Absenkung auf 5 Prozent aller Wahlberechtigten.

 

Absenkung des Zustimmungsquorums/Zusammenlegung von Volksentscheiden mit Wahlen

Auch das auf 25 Prozent der Stimmberechtigten abgesenkte Zustimmungsquorum bei Volksentscheiden stellt nach wie vor eine hohe Hürde dar. Das zeigen Erfahrungen aus anderen Bundesländern, wo die direkte Demokratie rege genutzt wird (z.B. Berlin). Wir empfehlen daher die Streichung des Zustimmungsquorums (Bayern, Sachsen) bzw. die Absenkung auf 15 Prozent (wie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein).

In jedem Fall sollten die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Volksentscheide bei zeitlicher Nähe zwingend mit Wahlterminen zusammengelegt werden, um die Beteiligung zu erhöhen sowie Kosten und Aufwand zu sparen.

 

Online-Eintragungen bei Volksbegehren

Schleswig-Holstein und Bremen haben es vorgemacht und auch in Berlin und Brandenburg wird die Online-Eintragung bei Volksbegehren ernsthaft diskutiert. Die Sammlung von Unterschriften für direktdemokratische Verfahren ausschließlich auf Papier ist kaum noch zeitgemäß. Ein viel diskutierter Ansatz für eine sichere, technische Umsetzung ist dabei die Verwendung der elektronischen Ausweisfunktion (eID). Auch die Verwaltung profitiert davon, da für sie der Prüfungsaufwand deutlich sinkt.

 

Realistische Hürden bei verfassungsändernden Volksentscheiden

Ein verfassungsändernder Volksentscheid erfordert derzeit eine Zustimmung von 50 Prozent aller Wahlberechtigten. Die Praxis zeigt, dass diese Hürde nicht erreichbar ist. Das Zustimmungsquorum für Verfassungsänderungen sollte auf ein praxistaugliches Niveau, z.B. 25 Prozent, abgesenkt werden.

 

Kostenerstattung bei Volksbegehren und Volksentscheiden

In mehr als der Hälfte der Bundesländer ist eine öffentliche Erstattung nachgewiesener Kosten für Volksbegehren und Volksentscheide vorgesehen. So werden z.B. Cent-Beträge pro Unterschrift und Ja-Stimme (meist gedeckelt) oder Pauschalen vergeben. Dabei handelt es sich immer nur um die Erstattung eines Teils der entstandenen Kosten. Politisches Engagement wird somit analog zur Parteienfinanzierung auch im Bereich der Volksgesetzgebung gewürdigt.

 

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide

Um die Regelungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide ist es noch schlechter bestellt. Mecklenburg-Vorpommern belegt hier den vorletzten Platz.

 

Reduzierung der Themenausschlüsse

In den Kommunen Mecklenburg-Vorpommerns sind im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern keine Bürgerentscheide über Bebauungs- und Flächennutzungspläne möglich. Bürgerinnen und Bürger wollen gerade bei Bauprojekten mitreden und mitentscheiden (siehe u.a. Sachsen, Thüringen, Berlin). Der Themenausschlusskatalog sollte reduziert werden.

 

Zulässigkeitsprüfung vor dem Start eines Bürgerbegehrens

Wie in Thüringen und Berlin sollte die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens am Anfang des Verfahrens geprüft werden. So wird verhindert, dass Bürgerinnen und Bürger Unterschriften sammeln, nur um am Ende zu erfahren, dass ihr Bürgerbegehren unzulässig ist. Politikfrust kann so vorgebeugt werden.

 

Angemessene Hürden bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden

Das gestaffelte Unterschriftenquorum ist nach wie vor hoch. Von insgesamt 726 Städten und Gemeinden liegt das Quorum nur in fünf Städten unterhalb von 10 Proznt. Mecklenburg-Vorpommern sollte sich hier an anderen Bundesländern orientieren und das Quorum absenken. Mehr Demokratie hält ein gestaffeltes Quorum von 4 – 7 Prozent wie in Thüringen für angemessen.

Vor allem aber ist das Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden im bundesweiten Vergleich deutlich zu hoch und sollte deswegen gestrichen werden. Aber auch schon eine Absenkung auf 15 Prozent kann helfen, um das Verfahren insgesamt fairer zu gestalten.