Rostock, 7.2.2017
Mehr Demokratie e. V. und die Open Knowledge Foundation veröffentlichten am 2. März 2017 das erste bundesweite Transparenzranking. Mecklenburg-Vorpommern erreichte von 100 möglichen Punkten lediglich 41 Punkte, also noch nicht einmal die Hälfte und landete auf Platz sieben. Besonders schlecht schnitt Mecklenburg-Vorpommern bei der Ausgestaltung der Informationsrechte und bei den Ausnahmeregelungen ab.
Damit steht fest, dass für das 2006 in eingeführte Informationsfreiheitsgesetz (IFG M-V)umfassender Reformbedarf besteht. Es fehlt an verbindlichen Auskunftsrechten und klarer Definition der Begriffe. So müssen etwa Informationenin Mecklenburg-Vorpommern von den Behörden nicht von sich aus zur Verfügung gestellt werden. Wäre das anders, bliebe Interessierten die umständliche Antragsstellung erspart. Ein wesentlich größerer Personenkreis könnte schneller und unkomplizierter Informationen abrufen und hätte mehr Möglichkeiten der Einwirkung auf politisch gesteuertes Verwaltungshandeln. Das IFG M-V verpflichtet Behörden in keiner Weise, Daten öffentlich und barrierearm im Internet bereitzustellen. Entsprechend fehlen daher auch Regelungen zur Bereitstellung von Daten, Festlegung von Datenkategorien und Einführung eines zentralen Transparenzregisters. Wegen dieser völlig unzureichenden Informationsrechte besteht hier das höchste Nachbesserungspotential. Von zehn möglichen Punkten in dieser Kategorie gab es für Mecklenburg-Vorpommern null Punkte.
Die grundlegende Voraussetzung, um Zugang zu Informationen durch Behörden zu erhalten, ist in Mecklenburg-Vorpommern noch immer die Antragstellung. Informationen erhalten Interessierte nur, wenn der Antrag in schriftlicher Form oder zur Niederschrift an die Behörde gerichtet wird. Für Anträge, die nicht anonymisiert gestellt werden können, ist die Hemmschwelle allerdings sehr hoch. Informationen werden deshalb erst gar nicht eingeholt und Interessierte machen von ihrem Recht, sich umfassend zu informieren, keinen Gebrauch. Zudem ist der Arbeitsaufwand für die Beantwortung durch die Behörde durch Anfertigen und Einholen einzelner Schriftstücke und Kopien erheblich. Die Gebühren und Auslagen für diese Amtshandlungen zahlt der Antragsteller. Bis zu 500 Euro können hierfür berechnet werden. Das schreckt ebenfalls ab. Mit weniger Verwaltungsaufwand, zeitsparender und kostengünstiger könnten die Auskünfte in elektronischer Form verschickt werden. Dies sollte daher auch bei Behörden in Mecklenburg-Vorpommern zum Standard gehören.
Ein weiterer erheblicher Schwachpunkt in Mecklenburg-Vorpommern sind die im Informationsfreiheitsgesetz aufgeführten Ausnahmen der Auskunftspflicht. In vier Paragrafen wird ausführlich aufgelistet, welche Informationen aus Schutzgründen nicht herausgegeben werden dürfen. Diese weitreichenden Einschränkungen der Auskunftspflicht erschwert eine unbefangene und unabhängige Bearbeitung der Anträge durch die Behörden. Es liegt im Ermessen der Behörden, nach welchen Kriterien sie prüfen, ob und gegebenenfalls welches schutzwürdige Interesse entgegenstehen könnte. Somit erfordert jedes Auskunftsersuchen eine Einzelfallentscheidung. Eine gut formulierte Abwägungsklausel würde dafür sorgen, dass die entgegenstehenden Interessen (Geheimhaltungsinteresse und Informationsinteresse) gegeneinander abgewogen werden müssen. Idealerweise sollte dem Informationsinteresse grundsätzlich der Vorrang eingeräumt werden. Das Gesetz trifft keine Regelung zu Abwägungsprozessen. Von insgesamt 14 Punkten erhielt Mecklenburg-Vorpommern deshalb auch hier null Punkte.
Für den Fall dass die Behörde die Frist für die Beantwortung der Anfrage nicht einhält, sieht das IFG M-V keine Sanktionen vor. Deshalb gab es auch in dieser Kategorie die möglichen zwei Punkte nicht. Transparenz ist ein permanenter Prozess. Die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz, wie es in Hamburg eingeführt wurde, wäre in Mecklenburg-Vorpommern dringend nötig. In Hamburg finden Interessierte fast alle wichtigen Informationen in einem eigens eingerichteten Internetportal. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde in Mecklenburg-Vorpommern bereits 2013 von B90/Die Grünen eingebracht und von den Regierungsparteien abgelehnt. Im Koalitionsvertrag, gültig bis 2021, ist keine Reform vorgesehen, die die Behörden verpflichten würde amtliche Informationen, etwa Gutachten, öffentliche Pläne und Statistiken öffentlich und kostenlos im Internet zugänglich zu machen. Eine Anfrage zur Landtagswahl 2015 des Mehr Demokratie-Landesverbands an die CDU ergab eine klare Absage. Auf die Frage, ob sie eine Weiterentwicklung des IFG befürworten würden, kam die Antwort: "Nein, das in Mecklenburg-Vorpommern geltende Informationsfreiheitsgesetz hat sich bewährt". Anhand des Transparenzrankings lässt sich für Mecklenburg-Vorpommern feststellen: Es geht besser! In Hamburg wurde das Transparenzgesetz aufgrund einer Volksinitiative verabschiedet. Vielleicht bedarf es in Mecklenburg-Vorpommern auch einer Volksinitiative, um die Holschuld der Bürgerinnen und Bürger in eine Bringschuld der Behörden umzuwandeln.
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