Kommunalverfassung: Mehr Demokratie sieht große Lücken im Gesetzentwurf

+++ Fachverband: Koalition darf Probleme bei direkter Demokratie nicht ignorieren

Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern von Mehr Demokratie e. V. kritisiert den morgen (24.1.) in Erster Lesung des Landtags behandelten Gesetzentwurf zur Modernisierung der Kommunalverfassung der Landesregierung deutlich. „Wenn es um die Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger geht, dann ist der Entwurf eine Enttäuschung. Die Regierungsfraktionen müssen zwingend nachbessern“, sagt Dennis Klüver, Sprecher des Landesvorstands von Mehr Demokratie e. V.

Der Fachverband bemängelt, dass Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich bei der direkten Demokratie auf dem vorletzten Platz liegt, die Koalition aber dagegen nichts unternehme. „Das Vertrauen in das Funktionieren der Demokratie sinkt. Das Gebot der Stunde muss deshalb sein, Demokratie auszubauen und nicht, schlechte Regeln zu bewahren“, sagt Klüver.

Mehr Demokratie fordert vom Landtag mehrere Reformen bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Der Entwurf greife bekannte Mängel nicht auf und sei lückenhaft. Der Verein fordert unter anderem, dass weniger Themen von Bürgerentscheiden ausgeschlossen sind. Insbesondere über Verfahren der Bauleitplanung sollten in Zukunft Bürgerentscheide möglich sein. Ebenso solle der Kostendeckungsvorschlag für Initiativen abgeschafft werden. Damit wären erfahrungsgemäß mehr Bürgerbegehren zulässig, was zu weniger Rechtsstreitigkeiten und Konflikte in den Kommunen führen könnte. Die einzige positive Neuerung bei Bürgerbegehren ist eine umfassendere Beratungspflicht für Kommunen.

Man erwarte, dass der Entwurf im Landtag verbessert wird. Hierfür könnten sich die Fraktionen an den Thüringer Regelungen orientieren. Dort gibt es die bundesweit besten Regeln für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Mehr Demokratie empfiehlt deshalb eine Orientierung an der dortigen Kommunalordnung und dem Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid.


+++ Hintergrund

Mehr Demokratie vergleicht und bewertet seit 2003 die Regelungen der direkten Demokratie auf Kommunal- und Landesebene in allen Bundesländern nach einem wissenschaftlichen Verfahren. Im aktuellen Volksentscheidsranking aus dem Jahr 2021 belegt Mecklenburg-Vorpommern den 15. Platz: www.mehr-demokratie.de/mehr-wissen/volksbegehren-in-den-laendern/volksentscheidsranking-2021.



Mehr Demokratie erfasst zudem als größter Verein für direkte Demokratie gemeinsam mit der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung der Bergischen Universität Wuppertal alle Bürgerbegehren in Deutschland und wertet sie aus. Auf dieser Grundlage erscheint alle zwei Jahre der bundesweite Bürgerbegehrensbericht. Laut aktuellem Bürgerbegehrensbericht aus dem Jahr 2023 findet statistisch betrachtet in einer Kommune alle 132 Jahre ein direktdemokratisches Verfahren statt. Mehr als die Hälfte der Bürgerbegehren werden für unzulässig erklärt. Auch hier befindet sich Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich auf dem vorletzten Platz: www.mehr-demokratie.de/mehr-wissen/buergerbegehren-in-den-kommunen/buergerbegehrensbericht.